Cover it like it’s 1989!

12 Posted by - 23. September 2015 - Pop

Taylor Swifts großes, Instagram-buntes Globalisierungs-Album ist endlich auch im Herzen der amerikanischen Gitarrentradition angekommen: Wie sich die Folk-Sänger Ryan Adams und Father John Misty an Swifts „1989“ abarbeiten.

Es erscheint ja in diesen Tagen vieles, was man unter durchschnittlichen Pop-Kriterien nicht gerade als gewöhnlich bezeichnen würde: den völlig wunderbar durchgeknallten, überschäumenden Sci-Fi-Psychedelic-Pop der kalifornischen Newcomer-Band Fever The Ghost etwa. Oder die fröhlich-versaute Chicks and Dicks-Performance von Peaches, die nach 15 Jahren immer noch ziemlich viel Spaß macht.

Am ungewöhnlichsten ist aber vielleicht ein Album, das erstmal ziemlich wertkonservativ klingt: Der Americana-Sänger Ryan Adams, ein Mann bekannt für seine erdverbundenen, nachdenklichen Folk- und Country-Kompositionen, hat ein Coveralbum von Taylor Swifts „1989“ aufgenommen. Ja genau, genau jenem gigantischen Globalisierungs-Pop-Album, an dem 2014 niemand, wirklich niemand vorbeikam. Diese Liedersammlung der Königin des Normcore für das Erdenvolk – glattpolierter Pop für alle und für jeden.

Noch interessanter als die Frage, wie die Millionen und Abermillionen Swift-Fans auf Ryan Adams melancholische Gitarrenversionen von „Blank Space“, „Shake It Of“ oder „Bad Blood“ reagieren, ist eigentlich nur die genaue Gegenfrage: Was ist mit den Americana-liebenden, Bier-trinkenden Mittdreißigern, die wohl noch nie in ihrem Leben eine Taylor Swift-Platte komplett durchgehört haben? Für diese bärtigen Ryan Adams-Liebhaber gibt es zunächst Entwarnung – denn: Adams doesn’t go Pop!

Nein, Swifts glattproduzierte Pop-Brocken über eine junge Frau in der großen Stadt klingen bei Adams vor allem nach Adams: traurige, aschefarbene Songgeschichten aus dem konservativen Herzen Amerikas. Wie angekündigt, hört man ein bisschen The Smiths heraus, viel eher aber Tom Petty oder Bruce Springsteen. Eigentlich ist also alles wie immer – nur dass die 63 Millionen Menschen, die Swift auf Twitter folgen, jetzt Adams Namen kennen – und wahrscheinlich zum ersten Mal in ihrem Leben eines seiner Album komplett durchhören.

Dass es dann auch noch richtig lustig wurde, dafür sorgte am Veröffentlichungstag des Coveralbums Folk-Sänger Josh Tillman alias Father John Misty. Der coverte den Swift-Hit „Blank Space“ – nein, eigentlich coverte er Ryan Adams Springsteen-inspiriertes Cover von „Blank Space“ im Stil von Velvet Underground. Und es ist erstaunlich, fast absurd und vor allem amüsant, wie gut das funktioniert. Am schönsten ist aber Tillmans sehr ausführliche Erklärung, was ihn zu dem Cover inspiriert hat. Um es kurz zu machen: ein wunderbar bizarrer Traum (in voller Länge nachzulesen bei Pitchfork),in dem Jacques Lacan genauso vorkommt, wie Burger-King-Kronen, Beethovens „Ode an die Freude“, Obama und am Ende eben ein an Supermodels gefesselter Lou Reed, der zu ihm sagt: „I am not your plaything!“ Wunderbar absurd!

Was zeigt uns nun aber dieser fröhliche Cover-Reigen? Jedenfalls nicht nur, wie gut Adams und Tillman fremde Lieder in ihre eigenen Welt hinüberholen können. Sondern vor allem, wie universell einsetzbar Swifts niet- und nagelfester Pop-Brocken tatsächlich ist. Würde Beck jetzt ein Swift-Cover im Stil von Fleetwood Mac aufnehmen, oder Sufjan Stevens eines im Stil von Joanna Newsom – es würde schon niemanden mehr wundern. Schon gar nicht Taylor Swift selbst.

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